Um halb sechs klingelt mein Smartphone neben dem Bett. Ich wische über den Bildschirm zum roten Hörersymbol. Um halb sieben der nächste Anruf, von einer anderen Nummer. Nochmal wischen, weiterschlafen. Ich bekomme ständig Fehl-Anrufe, und es gibt nichts, was um diese Uhrzeit mit mir besprochen werden muss.
Als ich aufwache lese ich eine Nachricht von meiner Frau: Die Katze ist am Hauptbahnhof. Wir hängen ihr einen Tracker um, wenn wir sie rauslassen und prüfen ihren Standort, weil sie sich schon zweimal verlaufen hat. Sie läuft auch gerne mit anderen Leuten mit und lässt sich ausgiebig streicheln. Besonders gerne treibt sie sich am Bahnhof unseres kleinen Ortes rum, sitzt auf dem Bahnsteig und lässt sich von den Leuten kraulen. Oft riecht sie auffallend nach dem Parfüm fremder Frauen.
Ich habe sie schon zweimal vom Bahnhof nach Hause mitgenommen, als ich, von der Arbeit kommend, ausgestiegen war. Als wäre sie eine Katze, die pendelt. Irgendwann springt sie in den Zug, dachte ich schon oft. Ich habe eigentlich nur drauf gewartet.
Heute Nacht fuhr sie also nach Heidelberg. Die Polizei hat sie aufgesammelt, den Chip ausgelesen und Tasso Bescheid gegeben. Der erste Anruf kam von Tasso, der zweite von der Polizei.
Ich habe den Kater abgeholt, und ich frage mich ob Katzen einfach zu dumm sind oder zu schlau. Steigt er das nächste Mal wieder in die Bahn, weil er weiß, was passiert, oder weil er vergessen hat, was passiert ist? Oder ist es ihm einfach alles vollkommen egal, weil er weiß, dass überall auf der Welt jemand ist, der sich liebevoll um ihn kümmert?
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