Der Film, der so dahinplätschert

Die Frau, die vorausgeht ist eine Anspielung auf die Art, wie Indianer Namen vergeben haben. Ein bemühter Film, der versucht, aus einer historischen Begebenheit einen romantisch-emanzipatorischen Film zu machen.

Das ist ziemlich langatmig und (wie ich finde) unangemessen romantisch erzählt. Wieso hat man gleich zwei Szenen eingebaut, die das Voreinander-Ausziehen so hervorheben? Das bekommt so einen Old Adult/New Romantic-Cheesy-Taste. Im Film reist Caroline Weldon von New York nach Dakota, um Sitting Bull zu portraitieren. Über die Sympathie zu Sitting Bull, der hier als romantischer Gentleman auftritt, vertritt sie offen die Interessen der Indianer, was ihr die Verachtung der Weißen einbringt, die sich rächen wollen.

Der Film wird Caroline Weldon überhaupt nicht gerecht.

Nach dem Tode ihrer Mutter im Jahre 1887 erbte sie ein kleines Vermögen und konnte im Sommer 1889 ihren langgehegten Traum realisieren, ins Dakota-Territorium im Westen zu reisen und bei den Lakota-Indianern zu leben. Während dieser Zeit legte sie sich formell den Künstlernamen Caroline Weldon zu. Sie wurde Mitglied von NIDA, der National Indian Defense Association, und begann ihre Arbeit als Aktivistin für die Lakota in deren Kampf gegen die US-Regierung, die im Begriff war, mit Hilfe des Dawes Acts große Teile des Landes der Großen-Sioux-Reservation zu enteignen und für die Besiedlung durch Weiße freizugeben. Dadurch sollte die wirtschaftlich sinnvoll erachtete Grundlage zur Errichtung der zwei US-Bundesstaaten North Dakota und South Dakota geschaffen werden.

Weldon freundete sich mit Sitting Bull an, dem Anführer der Traditionalisten innerhalb der Lakota-Nation. Sie wurde zu dessen Sprachrohr, Sekretärin, Dolmetscherin und Advokatin. Sie zog mit ihrem jungen Sohn Christy ins Lager von Sitting Bull am Grand River auf der Standing Rock Indian Reservation und teilte mit ihm und dessen Familie Haus und Herd. Ihre Konfrontationen und ihr offener Widerstand gegen den Indianer-Agenten James McLaughlin machten sie weithin unbeliebt. Dieser begann in der Folge eine Gerüchte-Kampagne, dass sie Sitting Bulls weiße Mätresse und ihm hörig sei, was in offenen Hass der benachbarten weißen Bevölkerung ihr gegenüber ausartete. Sie wurde geschmäht und in der nationalen Presse lächerlich gemacht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Caroline_Weldon

Sie war vierzig als sie dort aktiv war, und sie hatte einen Sohn. Sitting Bull hatte ebenfalls Familie. Die Beziehung zwischen ihnen hatte mit Sicherheit nichts Romantisches. Sie ist nicht dort hingefahren, um ihn zu porträtieren und über den Austausch mit einem alten attraktiven Gentleman sich selbst zu finden (wie es der Film darstellt). Sie ist dort hingefahren, weil sie sich von vornherein für die Rechte der Indianer einsetzen wollte. Nebenbei hat sie vier Portraits von ihm gemalt, weil sie auch Malerin war.

Das ist ein tröpfelnder Romantikfilm auf dem Rücken einer historischen Begebenheit.

Nach Filmen lese ich immer erst hinterher, was es mit der Geschichte, den Figuren oder Schauspielern oder Regisseuren oder literarischen Vorlagen auf sich hat.

Der Poet und Literat Derek Walcott erwähnt Caroline Weldon und deren Leben im Bühnenstück The Ghost Dance sowie im epischen Gedicht Omeros. Der Spielfilm Die Frau, die vorausgeht (Woman Walks Ahead, USA, 2017) unter der Regie von Susanna White mit Jessica Chastain in der Hauptrolle erzählt über Caroline Weldons Leben bei dem Sioux Sitting Bull. Drehbuchautor Steven Knight nahm sich viele literarische Freiheiten, sodass der Film mit den historischen Fakten nur wenig übereinstimmt. Das Buch „Die Zwischengängerin. Das abenteuerliche Leben der Susanna Carolina Faesch“ von Thomas Brunnschweiler ist die erste romanhafte Biografie von Caroline Weldon; sie umfasst die ganze Lebenszeit der Pionierin.

https://de.wikipedia.org/wiki/Caroline_Weldon

Der Film ist ärgerlich und daneben.

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