Imitation von Kunst

Kunst ist machen, mit dem Körper. Wir könnten nicht über Kunst nachdenken, wenn sie niemand gemacht hätte. Kunst hat ein Mensch mit Gefühl und Geist hervorgebracht.

Wir lernen von Meistern, wir imitieren Stile, eignen uns Methoden an. Wenn beim Schaffensprozess keine Emotionen oder Gefühle beteiligt waren, ist es keine Kunst. Ein Kopist könnte Künstler sein, er hätte vielleicht das Zeug dazu.

Der Mensch kann Bilder denken und mechanisch erzeugen lassen. Ist halt nur keine Kunst. Wenn ich mir Menschen ansehe, frage ich nicht mehr, ob manche Dinge vorhanden sind, im Einzelfall ist es nur nicht vorhanden.

Menschen tanzen, Thomas tanzt nicht.
Menschen glauben, Katharina glaubt nicht.
Menschen fühlen, Sven fühlt nichts.
Menschen machen Kunst, Sandra nicht.
KI erzeugt keine Kunst, Christof ist Künstler und benutzt dafür KI.

„Jeder Mensch ist ein Künstler“, „Gott ist tot“, „Dies ist keine Pfeife“, „Erkenne, was du bist“ … das sind Denkanstöße. Kunst ist kein Denkanstoß, genau so wenig wie Spiritualität, Realität und Bewusstsein. Es ist nur die Frage, wie man darüber nachdenkt und redet und sich mit anderen austauscht. Das ist auch von der Wissenschaft so gewollt (besonders ab Minute 2:33).

Kunst beginnt in dem Moment, indem wir uns mit unserem Körper in die Kunst begeben. Vielleicht werden da irgendwann Grenzen aufgeweicht, wie mit digitaler Kunst. Mich würde mal interessieren, was im ZKM so in Zukunft zu sehen sein wird. Einmal kurz rübergeschaut, einmal hingehen, und schon ist man mittendrin. Nicht lange diskutieren oder Bücher drüber schreiben. Das ist öde. Das waren die 70er.

KI ist auch nur ein besseres Kopiergerät. Es könnte aber durchaus sein, dass ein Künstler sie in seinen Arbeitsprozess integriert.

Sollte irgendwann mal eine KI sich selbst anschalten und sagen: „Ich habe jetzt voll Lust, ein Bild zu malen“, bekäme ich es mit der Angst zu tun.

tl;dr: KI erzeugt keine Kunst, imitiert sie bloß.

Update: Ich sehe gerade, dass ich vor zwei Jahren schon mal etwas Ähnliches dazu geschrieben habe.

3 Antworten zu „Imitation von Kunst“

  1. Avatar von ben_

    Ich war ja lange der Freund von zwei Parallelen Thesen, was Kunst ist. Die erste lautet: Kunst ist Ästhetik, ein emotional-sensorischer Eindruck und Genuss.
    Die zweite lautet: Kunst ist die Semantisierung des Nicht-semantischen. Wenn ich als Künstler in meinem Medium jene Elemente mit Bedeutung auflade, die in der nicht-künstlerischen Verwendung des Mediums keine Bedeutung haben, dann ist das Kunst.

    Ersteres widerspricht latürnich Deiner These. Letzteres passt sehr gut dazu.

    1. Avatar von Martin

      Ich komme ja aus der Kunstpädagogik und habe mich immer an Heidegger gehalten, weil ich seine Überlegungen immer ganz überzeugend fand.

      Beim ersten fehlt das Dinghafte. Das Zweite beschreibt das über das Dinghafte hinausgehende, also Welt. Diese einheitliche Welt ist für mich im Tao Te King am besten beschrieben (in der ersten Strophe).

      Ich frage weniger: Ist das, was ich vor mir sehe, Kunst? (Wobei ich da eine ganz persönliche Meinung zu habe), sondern: Mit welcher Haltung gehe ich an das, was ich tue? Stelle ich eine Tasse her, die bloß praktischen Nutzen hat oder gebe ich ihr etwas darüber Hinausgehendes und wenn ja, was ist das? Da fängt das künstlerische Denken an. Und künstlerisches Denken ist immer an Tun gebunden; Auseinandersetzung mit Ding und Material, was ja schon Welt und Unsagbares genug beinhalten kann. Zum Beispiel eine Yixing Teekanne.

    2. Avatar von Martin

      Lustig, gerade sehe ich, dass ich das so ähnlich schon mal geschrieben habe:

      „Kunst ist nicht dazu da, die synästhetischen Harmonie-Erwartungen des Publikums zu befriedigen. Ganz im Gegenteil. Kunst ist dazu da, etwas außerhalb der Wahrnehmung zu offenbaren, etwas Unerhörtes, Verborgenes, Unbeschreibliches.“
      Passt nicht

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