Liebe

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  • Harz

    Letzte Woche waren wir wieder in Bad Harzburg. Mein Vater hat dort gelebt. Meine Familie trifft sich regelmäßig für ein paar Tage, weil wir die Gegend schön finden und weil es Tradition hat. Es liegt für alle gleich weit weg und ist gut erreichbar. Ein Familien-Wellness-Urlaub sozusagen.

    Wir übernachten in unterschiedlichen Wohnungen und Zimmern. Jede/r hat seine/ihre Vorlieben.

    Unsere Wohnung gehört einem Grafiker, der dort früher gewohnt hat. Alles wirkt so vertraut, als würde man in die Wohnung seiner Kindheit zurück kommen. Die Wohnung wurde nicht eingerichtet, sondern damals verlassen und wird seitdem für Gäste in dem Zustand gehalten. Ich hatte eine Freundin in meiner Jugend, mit der ich viel Zeit verbracht habe, sie war wie eine Schwester, ich verstand mich sehr gut mit den Eltern und ihrem Bruder. Ihre Eltern wohnten in einer ähnlichen Wohnung. Das war so Mitte der Achtziger. Der Flashback ist fast unheimlich.

    Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, was wohl gewesen wäre, wenn ich nicht ständig nach Neuem gesucht hätte und einfach mit Teilen meiner Persönlichkeit stehen geblieben wäre. Ich bin weggegangen, um Neues kennen zu lernen, um mich neu kennen zu lernen. Um weiter zu kommen, musste ich weggehen und Menschen verlassen. Es gibt viele Menschen, die sich fragen, weshalb ich den Kontakt zu ihnen abgebrochen habe. Man hätte sich vielleicht ja auch gemeinsam entwickeln können. Außerdem ist ja gerade eine Erkenntnis meines Alters, dass ich mir immer noch ziemlich ähnlich bin. Für Menschen brauche ich Zeit und Energie, davon hatte ich nicht für alle genug.

    Alles in allem war es sehr erholsam und schön mit der Familie. Ich habe es sehr genossen, endlich mal wieder lesen zu können.

    Wahrscheinlich fahren wir im Oktober noch einmal hin, wieder in der Ferien-Wohnung. Langsam wächst mir die Gegend ein bisschen ans Herz.

  • „Was ihrem Nervensystem guttut, ist ein anderer Mensch.“

    Das Gehirn verbraucht 20 % des Stoffwechselbudgets. Es ist das kostenintensivste Organ des Körpers. Neuronen verbinden sich über Ausläufer miteinander, verstärken ihre Verbindungen oder legen sie still, damit Austausch effektiv stattfinden kann. Immer gemessen am eigenen Haushalt.

    Sich das Ganze als ein Buchführungssystem mit individuellem Haushalt vorzustellen, ist eine passende Analogie.

    Soweit so gut.

    Über Körperbewegung und Sinnesorgane sind wir mit unserer Umwelt im Austausch, so wie der Wurm mit Augen im Meer (die Natur ist selbst in diesen einfachen Formen sehr kreativ).

    Wir zappeln aber nicht alleine durch die Welt, da sind noch andere Artgenossen, und das ist auch ganz gut für uns, allerdings mit Einschränkungen und bedingt.

    Ich habe sehr lange gebraucht, um mir die Frage zu erlauben: Was bringt mir das? Was habe ich davon? Ich habe irgendwann selbst Kosten-Nutzen-Rechnungen aufgestellt, und das war sehr erhellend für mich und tat mit letzten Endes gut.

    „Was ihrem Nervensystem guttut, ist ein anderer Mensch. Leider ist er auch das, was ihm am meisten schaden kann.“

    Lisa Feldman Barrett, Siebeneinhalb Lektionen über das Gehirn

    Die nächste Lektion im Buch: Unser Gehirn arbeitet mit anderen Gehirnen zusammen.

    Kurz und knapp: Die Kommunikation und Verbindung mit anderen Menschen kann uns gut tun und uns krank machen. Das belegt jetzt auch die Hirnforschung, ist nicht nur eine Metapher, sondern eine messbare Tatsache.

    „Warum aber haben die Worte, die auf Ihr Ohr treffen, derart weitreichende Auswirkungen auf Sie? Weil viele Gehirnareale, die zur Sprachverarbeitung nötig sind, auch das Innenleben Ihres Körpers steuern – wichtige Organe und funktionale Systeme, die Ihre Körperbuchführung aufrechterhalten. Die Gehirnregionen, die zu dem gehören, was Neurowissenschaftler das «Sprach-Netzwerk» (language network) nennen, regeln Ihre Herzfrequenz hinauf und hinunter.

    Rein vom Stoffwechsel her betrachtet, ist es für das Gehirn kostspielig, wenn es mit Dingen zu tun hat, die es nur schlecht vorhersagen kann. Kein Wunder also, dass sich Menschen in Echokammern einschließen und nur solche Nachrichten und Meinungen zur Kenntnis nehmen, die bestätigen, was sie ohnehin schon glauben – so wird der Stoffwechsel weniger belastet und die unangenehme Erfahrung, etwas Neues lernen zu müssen, vermieden. Unglücklicherweise gehen damit die Aussichten gegen null, etwas zu erfahren, was ihre Meinung ändern könnte.“

    „Wenn wir mit jemandem zusammen sind, der uns am Herzen liegt, synchronisieren sich sogar die Atemfrequenz und der Herzschlag, ob wir nun munter plaudern oder hitzig streiten. Diese Art körperlicher Verbindung ist auch bei Kindern und ihren Bezugspersonen zu beobachten, bei Therapeuten und ihren Klienten, bei den Teilnehmern eines Yogakurses und bei den Mitgliedern eines Chors. Häufig spiegeln wir Bewegungen in einer Art Tanz, dessen wir uns nicht bewusst sind und zu dem unsere Gehirne die Choreografie liefern. Einer führt, der andere folgt, und manchmal werden diese Rollen auch getauscht. Mögen wir unser Gegenüber aber nicht oder misstrauen ihm, dann verhält sich unser Gehirn wie ein Tanzpartner, der dem anderen auf die Zehen tritt.

    Letztlich tragen Angehörige, Freunde, Nachbarn und sogar Fremde zu Ihrer Gehirnstruktur und -funktion bei. Sie helfen Ihrem Gehirn dabei, Ihren Körper fit zu halten.“

    Ich bin nicht auf Dauer mit jemandem zusammen, um Ratschläge, Tipps oder Korrekturen zu bekommen, sondern um Verständnis zu erleben. Den Tanz miteinander.

  • Background reloaded

    Mit Jil Sanders Background verbinde ich eine ganz spezielle Zeit. Das Parfüm wurde vor zwanzig Jahren eingestellt und seitdem ist man auf der Suche nach Ersatz. Ich habe vor ein paar Jahren eine große Flasche HG123 von der parfuemtankstelle.de gekauft. Ich habe noch 50ml davon und er ist ein ziemlich guter Nachbau.

    Eine Originalflasche von Background habe ich auch noch, aber die benutze ich so gut wie nie. So toll ich ihn finde, ich finde jetzt einen modernen Ersatz völlig in Ordnung. Zeiten ändern sich.

    Ein weiterer Nachbau ist Eclat No 726. Ich finde ihn ausgesprochen gut gelungen und noch dazu günstig.

    Man kann den Duft nicht vollständig zurückholen, man muss modernisieren, das ist mit vielen Dingen so, Agfa-Film, Schallplatten etc. Das muss nicht schlecht sein, buntes Vinyl klingt besser als früher.

    Mache finden ähnliche Parfüms, die in kurzen Momenten an einen Charakter-Anteil von Background erinnern. Einer, den ich probiert habe, ist Givenchys Pi. Der geht zwar schon nach kurzer Zeit in eine andere Richtung, aber in eine gute. Insofern eine schöne Alternative, die vage erinnert, aber in seiner Gesamtwirkung viel moderner und gefälliger ist.

  • Hamburg

    Meine Kindheit und Jugend habe ich in Hamburg verbracht. Wir wohnten in einer Siedlung, in der es heute ein Kindermuseum gibt. Ich zog nach Heidelberg als ich Anfang zwanzig war.

    Ich habe mich letztes Wochenende mit drei meiner alten Schulfreunde getroffen. Wir waren eine feste Gruppe, die sich nach der Schule selten gemeinsam traf. Sie besuchten mich einmal in Heidelberg. Das letzte gemeinsame Treffen war vor siebzehn Jahren. Wir werden uns jedes Jahr einmal treffen, in unserer alten Siedlung. Mit kaltem Holsten.

    Es beschäftigt mich schon länger, dass ich mein Leben etwas mehr mit Musik und Tanz verbinden würde und sich langsam mal etwas mehr ein Heimatgefühl einstellt. Mit der Heimat ist es wie mit der Liebe: man muss selbst etwas dafür tun. Alternativ wird man zum einsamen Wanderer. Auch eine Option. Aber irgendwo dazwischen will ich mich bewegen.

    Wir hatten gemeinsam das Thema und konnten nur ein Lied und das noch nicht mal zur Hälfte: Ick heff mol en Hamborger Veermaster sehn. Wir sangen es gemeinsam, vollkommen ohne Ironie. In dem Moment war mein Entschluss klar: Ich werde Shanties lernen. Ich habe mir bereits zwei Bücher besorgt: Windjammer-Lieder von Stan Hugill und Shanties von Gilbert Obermair. Den ersten Versuch habe ich gestartet.

    Leave her, Johnny, leave her wurde am Ende der Reise gesungen. Die Seeleute haben all das gesagt und gesungen, was man auf der Reise nicht sagen durfte.

    Oh, the time wuz hard an the wages low,
    leave her, Johnny, leave her!
    but now once more ashore we’ll go,
    an’ it’s time for us to leave her!

    Leave her, Johnny, leave her!
    Oh, leave her, Johnny leave her!
    For the voy’ge is done, an’ the winds don’t blow
    an it’s time for us to leaver her!

    Oh, I thought I heard
    the Ol’ Man say,
    tomorrow ye will ge your pay.

    The work wuz hard
    an’ the voyage was long,
    the sea wuz high an’ the gales wuz strong.

    The wind wuz foul an’ the sea ran high,
    she shipped it green an’ none went by.

    The grub wuz bad an’ the wages low,
    but now once more ashore we’ll go.

    Oh, our Ol’ Man he don’t set no sail,
    we’d be better off in a nice clean jail.

    We’d be better off in a nice clean jail,
    with all night in an’ plenty of ale.

    She’s poverty-stricken an’ parish-rigged,
    the bloomin’ crowd is fever-stricked.

    Oh, sing that we boys will never be,
    in a hungry bitch the likes of she.

    The mate wuz a bucko an’ the Ol’ Man a Turk,
    the bosum wuz a beggar with the middle name of work.

    The Ol’ Man swears an’ the mate swears too,
    the crew all swear, an’ so would you.

    It’s growl yer may, an’ go yer must,
    it matters not whether yer last or fust.

    The ship won’t steer, nor stay, nor wear,
    and so us shellbacks learnt to swear.

    The winds were foul, all work, no play,
    to Liverpool docks from ’Frisco Bay.

    We were made to pump all night an’ day,
    an’ we half-dead had beggar-all to say.

    We’ll leave her tight an’ we’ll leave her trim,
    an’ we’ll heave the hungry bastard in.

    Oh, leave her, Johnny, an’ we’ll work no more,
    of pump or drown we’ve had full store.

    The sails are furled an’ our work is done,
    an’ now ashore we’ll have our bit of fun.

    We’ll make her fast and stow our gear,
    the gals are awaiting on the pier.

    Ich werde bei unserem nächsten Musikabend diesen Shanty mit denen singen. Als zweiten Song suche ich mir einen irischen Pub-Song. Bei meiner Recherche stieß ich dabei auf Sean nós, was so viel heißt wie „alter Stil“, gemeint sind damit ein perkussiver Tanz, der mit Ledersohlenschuhen getanzt wird und ein Gesangsstil. Dem Gesangsstil werde ich mich nicht widmen, aber dem irischen Tanz.

    Wenn ich es schaffe, melde ich mich beim Hochschulsport für einen Kurs Irish Dance an. Sean nós wird hier in der Nähe leider nicht unterrichtet, der nächste Workshop ist in Wiesbaden, das ist mir ein Tick zu weit.

  • What can you tell me about love

    „A broken heart — that grief of love — is always love’s true destination. This is the covenant of love … To love the world is a participatory and reciprocal action — for what you give to the world, the world returns to you, many fold, and you will live days of love that will make your head spin, that you will treasure for all time … I have only one piece of advice for you both, and it is the very best that I can give. Love. The world is waiting.“

    Nick Cave – The Redhand Files