Gesundheit

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  • Warme Füße

    Irgendwann beim Tanzen trug jemand dicke, selbstgestrickte Socken, was ich neidvoll bemerkte. Ich wollte auch dicke Socken, sagte ich, ich habe im Winter immer kalte Füße. „Die hat meine Oma gestrickt“, sagte sie. Mein Neid wuchs.

    Ein paar Wochen später bekam ich Socken gestrickt.

    Zu Weihnachten bekam ich von allen dicke Woll-Socken geschenkt, und kaufte mir welche, wenn ich irgendwo welche sah. Meine Eltern schenkten mir allerdings die coolsten. Kann ich empfehlen, die sind wirklich schick und gut. Gefreut habe ich mich natürlich über alle.

    Seitdem trage ich Wollsocken am Anfang beim Tanzen, solange die Füße noch nicht warm sind. Das Aufwärmtraining ist auch dazu da, die Füße warm zu bekommen.

    Auch in die Sauna nehme ich dicke Wollsocken mit. Nichts schlimmer als die kalten Füße nach der Sauna. Nichts angenehmer als warme Füße nach der Sauna.

    Ich habe zwei Freunde, deren Boden so kalt ist, das ich mir dicke Socken mitnehmen muss. Gestern war ich zu Besuch und hatte danach beim Tanzen taube Zehen. Kalte Füße beim Tanzen ist extrem unangenehm.

    Ich bin wirklich froh, dass der Boden in unserem Haus überall warm ist. Das ist ein echter Luxus.

    In Irland und Schottland war es üblich, barfuß rumzulaufen. Ich fand’s da ziemlich kalt. In Neuseeland und Australien ist es warm, da kann ich es verstehen.

    Barfußlaufen wird kulturgeschichtlich mit Armut verbunden, Socken und Schuhe musste man sich leisten können.

    Bloße Füße wurde mit Freiheit verbunden. Im Modern Dance hat man die Füße vom Schuhwerk befreit. Im zeitgenössischen Tanz ist es üblich geworden Socken zu tragen, weil Socken die Füße wärmen und schützen und es einfach angenehmer ist. Zumal nur wenige Menschen so trockene Füße haben, dass Drehungen problemlos möglich sind, die meisten Menschen „kleben“ am Boden. Das halte ich für überholt, auch wenn da manche eine Religion draus machen wollen.

    Beim Tanzen herrscht Fußbekleidungsfreiheit. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz.

    Ich finde Wollsocken cool und freue mich immer, wenn ich welche geschenkt bekomme.

  • Arzt für untenrum

    Endlich nach drei Monaten den Termin beim Urologen gehabt. Ich gehe auf die 60 zu, und auch wenn ich mich wie gerade mal volljährig fühle, habe ich nicht mehr den Körper eines Zwanzigjährigen. Also zum Check.

    Soweit alles gut, Hoden, Prostata, Nieren, der Rest folgt. Kleine, weiße Flecken in den Nieren, nicht besorgniserregend, ich dürfte nur nicht mehr fliegen, wenn ich Pilot wäre.

    Ich habe eine Überweisung zur Darmspiegelung wegen Krebsvorsorge, da liegen mir alle in den Ohren; ich soll die Überweisung an den Kühlschrank pinnen, damit es mich jeden Tag anlacht. Werde ich dann wohl mal machen.

    Ich muss mehr trinken, also habe ich mir eine ordentliche Wasserflasche gekauft. Auch das wollte ich schon lange mal, weil in meine jetzige zu wenig reingeht und sie unpraktisch ist.

    Als der Arzt hört, dass ich Collagen nehme, empfiehlt er mir noch ein anderes Voodoo für ewige Jugend und Schönheit, das habe ich mir gleich besorgt.

  • Nackenkissen

    Ich habe zum ersten Mal und nach viel zu langem Zögern ein vernünftiges Nackenkissen gekauft.

    Mein Nacken wurde immer verspannter und als Auslöser konnte ich das Schlafen ausmachen.

    Das Kissen sieht aus wie ein verunglückter Entwurf eines Klingonen-Schiffs. Im alten Ägypten hat man den Kopf ähnlich gebettet. Die Flügel verhindern, dass sich der Kopf verdreht, was wohl eine der Hauptursachen für Verspannungen ist. Ich dachte erst, dass könnte störend sein, fühlt sich aber im Gegenteil ganz angenehm an, so beruhigend wie eine Hand an der Wange sein kann.

  • Facharzttermin

    Ein booking.com für Fach-Ärzte fände ich praktisch. Man listet die Ärzte nach freien Terminen und sucht sich, unter Berücksichtigung der Entfernung und der Bewertungen, den nächstmöglichen Termin.

    Vielleicht sollte ich einfach gleich für’s nächste Jahr komplett Termine machen: Hautarzt, Urologe, Darmspiegelung, Blutbild, Orthopäde … wenn dann nix ist, freut man sich und sagt frühzeitig ab.

    Also ungefähr so, wie hippe New Yorker das mit Restaurants machen. Einfach mal vorsorglich komplett durchbuchen.

    Männer gehen deshalb nicht gerne zum Arzt, weil die Zeitschriftenauswahl so miserabel ist. Wenn da Aquaristik und Metal Hammer lägen, würden die die Bude einrennen.

  • Radfahren

    Ich hatte als Kind ein Klapprad mit Stützrädern, konnte aber nie ohne fahren. Alle konnten Rad fahren, ich nicht. Es war mir aber auch egal. Irgendwann kamen die ersten Bonanzaräder, coole Räder, Mofas. Ich wollte dann natürlich auch, habe mich auf eines gesetzt und fuhr los.

    Meine Mutter kaufte mir ein Rennrad von Quelle, das mir eigentlich viel zu groß war, aber am ersten Weihnachtstag trug ich es nach unten, setzte mich drauf und war weg. Ich war von dem Rad nicht mehr runter zu kriegen. Ich fuhr durch Klövensteen, die Elbe runter und entlang, in die Stadt, durch die Stadt.

    Ich entwickelte dicke Oberschenkelmuskeln, hatte aber Spaghettiärmchen, denn zum Lenken und Bremsen braucht man nicht viel Kraft. Als ich mit Ballett anfing, war ich körperlich geradezu prädestiniert. Meine Arme sind ein Witz, deshalb habe ich auch beim Kampfsport kein Land gesehen.

    Als ich 17 wurde, bot mein Vater mir an, mir einen Führerschein zu bezahlen. Wozu, dachte ich, ich habe doch ein Rad. Von dem Geld kaufte ich mir eine E-Gitarre. Von meinem Abigeld ein neues Rad.

    Ich zog für’s Studium nach Heidelberg und wohnte mit meiner damaligen Freundin in einer 1-Zimmer-Wohnung auf einem kleinen Bauernhof am Rand von Heidelberg, die wir komplett selbst ausgebaut haben. Küche reingebaut, Klo und Waschbecken, Holzofen. Müllabfuhr gab es nicht. Den Müll fuhr ich mit dem Rad zur Deponie.

    Ich habe alles mit dem Rad gemacht. Mittlerweile hatte ich als Student auch gar kein Geld mehr für einen Führerschein oder ein Auto. Das Rad wurde zunehmend mein notwendiges Fortbewegungsmittel. Ich bin nicht mehr nur gerne gefahren, ich bin auch notgedrungen gefahren.

    Am liebsten fuhr ich eine kleine Rennmaschine, die ich einem Kommilitonen für 200 Mark abgekauft habe. Es war ein kleiner, weißer Traum, allerdings für Einkauf und Stadtverkehr nicht so gut geeignet.

    Die Räder danach waren so mittelgut. Ich hatte immer noch mein altes Abirad, ein Hollandrad, dass ich mittlerweile völlig umgebaut und umlackiert hatte, aber das Tretlager ging kaputt und 3-Gang-Schaltung ist auch nicht so der Bringer.

    Zu der Zeit hatte man Mountainbikes für die Stadt, weil man mit denen Kantsteine hoch und runter brettern konnte und eine ordentliche Anzahl an Gängen hatte. Ich hatte ein billiges Mountainbike, was nicht lange hielt.

    Für teure und gute Räder hatte ich nie Geld, außerdem war ich es gewohnt, recht einfache, zusammengeschraubte und individuell angepasste Räder zu haben. Ein Rad musste passen, wie ein Kleid.

    Eines Tages brachte meine Frau ein altes Rennrad von einem Flohmarkt mit, das exakt das Modell war, dass ich als Kind bekommen hatte. Ein Standardmodell von Quelle. Ich habe es komplett auseinander genommen, gereinigt und mit neuen Teilen aufgebaut. Die Gangschaltung habe ich weggelassen, ein Gang reichte mir. Nach einiger Zeit hatte ich hinten zwei Mal einen Nabenbruch. Das war sein Ende.

    Ich fuhr mittlerweile einfach nicht mehr gerne Rad, unter anderem, weil ich keines hatte, mit dem ich gerne fuhr.

    Als das Kind ein neues Rad brauchte, sind wir zu einem großen Händler gefahren, und auch ich habe etliche getestet. So richtig überzeugt war ich von keinem, dabei war ich ziemlich entschlossen, mir auch eines zu kaufen. Die Dinger waren einfach nicht schlicht und stabil genug.

    Vor drei Jahren habe ich ein gebrauchtes Rad gekauft, das viel Jahre in einer Garage stand. Im Kern gut in Schuss, aber völlig runtergekommen. Ich zog neue Schläuche und Mäntel auf, aber Gangschaltung, Bremsen und Felgen gingen kaputt.

    Ich habe es zur Reparatur gegeben, weil der Rahmen, Tretlager und Vorbau noch völlig in Ordnung sind – schlichte, schöne Qualität. Das alles wurde ziemlich teuer, aber immer noch billiger als ein neues Rad. Ein gutes Rad (Crossbike) geht bei tausend Euro los, ich habe insgesamt fünfhundert für meines gezahlt, und es fährt sich absolut traumhaft. Wenn mir das jemand für 500 anbieten würde, so wie es da steht, hätte ich es niemals genommen und ihm einen Vogel gezeigt.

    Nach sehr langer Zeit ist das ein Rad, das mir richtig gut gefällt und für meine Zwecke passt. Ich fahre gerade wieder richtig gerne.

    Als Test bin ich gerade zur Tanzschule gefahren, hin und zurück 21 Kilometer. Für eine Strecke brauche ich 40 Minuten. Mal sehen, ob ich das jetzt regelmäßig mache. Das ist ja wie Biathlon: Radfahren und Tanzen. Das Wetter war optimal, ich bin nicht sicher, wie es wird, wenn es heiß, kalt, nass, windig wird.

  • Darm und Ernährung

    Vor vierzehn Tagen hatte ich irgend etwas mit meinem Magen und Darm. Ich vermute, dass ich eine leichte Lebensmittelvergiftung hatte. Jedenfalls habe ich mich zwei Tage nur von Apfelsaftschorle ernährt.

    Da ich nur im Bett liegen konnte, habe ich Netflix angemacht, das mir als persönliche Empfehlung die Dokumentation Hack Your Health: Die Geheimnisse unserer Verdauung vorschlug. So ein Zufall. Woher wussten die?

    Durch die Doku führt die kluge und sympathische Giulia Enders. Ich könnte ihr stundenlang zuhören und habe festgestellt, dass sie ihr eigenes Buch vorliest, also habe ich es gleich bei Audible runtergeladen und werde es mir mal beizeiten anhören. Falls man mal eine sprechende KI auf Deutsch baut, möchte ich Giulia Enders Stimme einstellen können.

    Es geht in der Doku, wie auch in Giulia Enders Buch, um die Verdauung, vor allem aber um die Mikroben im Darm und wie man die Besiedelung durch Ernährung ändern kann.

    Ich hatte sowieso schon lange vor, meine Essgewohnheiten zu ändern. Ich esse viel zu viel Zucker, Brot, Fett, Nudeln, Chips und anderes Zeug, und viel zu wenig Obst und Gemüse. Ich esse immer wieder das Gleiche und habe kaum Abwechslung.

    Was mir die Doku klar gemacht hat, ist meine Konzentration auf Nährstoffe. Vielmehr scheint es mir sinnvoll, die Darmflora möglichst umfangreich zu pflegen, indem man alles Mögliche isst. Damit ich aber nicht zu viel esse, esse ich seit vierzehn Tagen viele kleine Mengen ganz unterschiedlicher Sachen. Ich versuche, möglichst immer etwas anderes zu essen, in kleinen Häppchen. Was immer mir in die Finger kommt und ich schon lange nicht mehr gegessen habe, nehme ich mit.

    Jetzt pflege ich den kleinen Zoo in mir.

  • Connectome

    Der Grund, weshalb ich mich überhaupt mit Hirnforschung beschäftigt habe, kommt natürlich vom Tanzen.

    Alastair Marriott hat für das Royal Ballet 2015 ein Stück kreiert, das von dem Konzept des Konektoms inspiriert ist.

    Die Tatsache, dass unsere Identität weniger über unsere relativ fixen Gene definiert ist, sondern vielmehr durch die Qualität der Verbindungen unserer Gehrinzellen, damit auch viel flexibler und durch die Umwelt – also andere Menschen – veränderbarer, hat ihn zu der Geschichte einer Frau inspriert, „whose emotional identity is shaped by her interactions with those around her – the connective tissue of love and society.“

    Ich habe mir daraufhin Sebastian Seungs Buch besorg, allerdings nur zur Hälfte gelesen.

    Ein Problem, das die Hirnforschung hat, ist die hohe Attraktiviät des Themas und die geringe Datenmenge.

    Moritz Helmstaedter erzählt hier, wie langwierig und schwierig der genaue Blick (mit Elektronenmikroskopen) ins Gehirn ist, um das Kommunkationsnetz überhaupt zu sehen.

    Ich finde dieses Thema überhaupt nicht speziell, sondern im Gegenteil zutiefst menschlich, weil die Frage, auch im Hinblick auf KI, was wir eigentlich sind oder ausmacht, auch darüber beantwortet werden kann.

  • „Was ihrem Nervensystem guttut, ist ein anderer Mensch.“

    Das Gehirn verbraucht 20 % des Stoffwechselbudgets. Es ist das kostenintensivste Organ des Körpers. Neuronen verbinden sich über Ausläufer miteinander, verstärken ihre Verbindungen oder legen sie still, damit Austausch effektiv stattfinden kann. Immer gemessen am eigenen Haushalt.

    Sich das Ganze als ein Buchführungssystem mit individuellem Haushalt vorzustellen, ist eine passende Analogie.

    Soweit so gut.

    Über Körperbewegung und Sinnesorgane sind wir mit unserer Umwelt im Austausch, so wie der Wurm mit Augen im Meer (die Natur ist selbst in diesen einfachen Formen sehr kreativ).

    Wir zappeln aber nicht alleine durch die Welt, da sind noch andere Artgenossen, und das ist auch ganz gut für uns, allerdings mit Einschränkungen und bedingt.

    Ich habe sehr lange gebraucht, um mir die Frage zu erlauben: Was bringt mir das? Was habe ich davon? Ich habe irgendwann selbst Kosten-Nutzen-Rechnungen aufgestellt, und das war sehr erhellend für mich und tat mit letzten Endes gut.

    „Was ihrem Nervensystem guttut, ist ein anderer Mensch. Leider ist er auch das, was ihm am meisten schaden kann.“

    Lisa Feldman Barrett, Siebeneinhalb Lektionen über das Gehirn

    Die nächste Lektion im Buch: Unser Gehirn arbeitet mit anderen Gehirnen zusammen.

    Kurz und knapp: Die Kommunikation und Verbindung mit anderen Menschen kann uns gut tun und uns krank machen. Das belegt jetzt auch die Hirnforschung, ist nicht nur eine Metapher, sondern eine messbare Tatsache.

    „Warum aber haben die Worte, die auf Ihr Ohr treffen, derart weitreichende Auswirkungen auf Sie? Weil viele Gehirnareale, die zur Sprachverarbeitung nötig sind, auch das Innenleben Ihres Körpers steuern – wichtige Organe und funktionale Systeme, die Ihre Körperbuchführung aufrechterhalten. Die Gehirnregionen, die zu dem gehören, was Neurowissenschaftler das «Sprach-Netzwerk» (language network) nennen, regeln Ihre Herzfrequenz hinauf und hinunter.

    Rein vom Stoffwechsel her betrachtet, ist es für das Gehirn kostspielig, wenn es mit Dingen zu tun hat, die es nur schlecht vorhersagen kann. Kein Wunder also, dass sich Menschen in Echokammern einschließen und nur solche Nachrichten und Meinungen zur Kenntnis nehmen, die bestätigen, was sie ohnehin schon glauben – so wird der Stoffwechsel weniger belastet und die unangenehme Erfahrung, etwas Neues lernen zu müssen, vermieden. Unglücklicherweise gehen damit die Aussichten gegen null, etwas zu erfahren, was ihre Meinung ändern könnte.“

    „Wenn wir mit jemandem zusammen sind, der uns am Herzen liegt, synchronisieren sich sogar die Atemfrequenz und der Herzschlag, ob wir nun munter plaudern oder hitzig streiten. Diese Art körperlicher Verbindung ist auch bei Kindern und ihren Bezugspersonen zu beobachten, bei Therapeuten und ihren Klienten, bei den Teilnehmern eines Yogakurses und bei den Mitgliedern eines Chors. Häufig spiegeln wir Bewegungen in einer Art Tanz, dessen wir uns nicht bewusst sind und zu dem unsere Gehirne die Choreografie liefern. Einer führt, der andere folgt, und manchmal werden diese Rollen auch getauscht. Mögen wir unser Gegenüber aber nicht oder misstrauen ihm, dann verhält sich unser Gehirn wie ein Tanzpartner, der dem anderen auf die Zehen tritt.

    Letztlich tragen Angehörige, Freunde, Nachbarn und sogar Fremde zu Ihrer Gehirnstruktur und -funktion bei. Sie helfen Ihrem Gehirn dabei, Ihren Körper fit zu halten.“

    Ich bin nicht auf Dauer mit jemandem zusammen, um Ratschläge, Tipps oder Korrekturen zu bekommen, sondern um Verständnis zu erleben. Den Tanz miteinander.

  • Soziale Realität

    „We don’t create a fantasy world to escape reality. We create it to be able to stay.“

    Lynda Barry, What it is