Tja, das muss ich dann wohl aus meinem Wissensschatz als „leider falsch“ streichen. Nicht einmal spaßeshalber will ich mit dieser Metapher mehr umgehen (was ich bisher tat, wenn ich versucht habe zu beschreiben, was ich tue, wenn ich Tanzschritte lerne, was mir ja immer schon etwas naiv verkürzt vorkam). Es tut mir leid, wenn ich daran beteiligt war, diese falsche Vorstellung zu verbreiten.
Ich streiche die Begriffe „Reptiliengehirn“ aus meinem aktiven Wortschatz.
Dieses Modell hier ist falsch wie das Modell einer scheibenförmigen Erde:
Neocortex (Ratio, Mensch)
Limbisches System (Emotionen, Säugetiere)
Reptiliengehirn (Instinkt, Reptilien)
„Sie tragen also keine innere Eidechse oder ein emotionales Tiergehirn in sich. Es gibt kein limbisches System, das für unsere Emotionen verantwortlich ist. Und Ihr (fälschlich) sogenannter Neocortex ist auch nichts Neues: Viele andere Wirbeltierarten haben dieselben Neuronen, die sich bei manchen Tieren zu einer Großhirnrinde entwickeln, wenn die entscheidenden Phasen lange genug andauern. Alles, was Sie über den menschlichen Neocortex, die Großhirnrinde oder den präfrontalen Cortex als Sitz der Vernunft lesen oder über den Frontallappen, der das angebliche Emotionsgehirn steuert, um irrationales Verhalten zu unterdrücken, ist schlicht überholt oder beklagenswert unvollständig. Das dreieinige Gehirn und sein epischer Kampf zwischen Emotion, Instinkt und Ratio sind ein moderner Mythos.“
Lisa Feldman Barrett, Siebeneinhalb Lektionen über das Gehirn
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„Glücklicherweise müssen wir das gar nicht, denn eine von beiden ist schlicht falsch. „Die Geschichte vom dreieinigen Gehirn ist einer der erfolgreichsten und verbreitetsten Irrtümer in der Wissenschaft. Sicher handelt es sich dabei um eine faszinierende Geschichte, zumal sie widerspiegelt, wie wir uns gelegentlich fühlen.“
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„Jüngste Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Molekulargenetik zeigen, dass sich die Neuronen von Reptilien beziehungsweise nicht menschlichen Säugetieren und jene der Menschen gleichen, selbst die Neuronen, die den sagenumwobenen menschlichen „Neocortex“ bilden. Menschliche Gehirne sind nicht aus denen der Reptilien hervorgegangen, indem sie eigene Areale für Emotionen und rationales Denken entwickelt haben. Stattdessen ist etwas viel Spannenderes passiert. Wissenschaftler haben erst kürzlich herausgefunden, dass die Gehirne sämtlicher Säugetiere demselben Bauplan folgen, und vermutlich gilt das auch für die Gehirne von Reptilien und anderen Wirbeltieren. Viele Menschen – selbst viele Neurowissenschaftler – wissen das noch nicht. Und jene, die Bescheid wissen, stehen noch ganz am Anfang der Erkundung, was dies denn tatsächlich bedeutet.“
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