Poor Things

Eine Groteske über Sexualität und körperlich-geistige Entwicklung und darüber hinaus natürlich dann über Beziehung und Gesellschaft.

Marry Shelley’s Frankenstein meets Jean-Pierre Jeunet und Marc Caro meets Bioshock Infinite.

Achtung: Es ist kein Film für die Familie; jedenfalls nicht für meine. Den Film guckt man sich am besten in kleinem vertrauten Kreis an – alleine, zu zweit oder auch mehr. Den Warnhinweis habe ich vermisst. Wenn ich aus Versehen mit meinen Töchtern in den Film gegangen wäre, hätten wir den Saal spätestens nach 10 Minuten verlassen müssen. Zum Glück. Wie zur Hölle kann man den unter Science Fiction und Komödie sortieren?! Genau so wenig kann ich verstehen, weshalb man Das Parfüm in der Schule liest. Das wäre wirklich mal einen eigenen Eintrag wert. Über Intimität, Sexualität und dem Reiz ihrer dunklen, bodenlosen Tiefe wie auch himmelhoch jauchzenden Ekstase. Dem Verhältnis von körperlicher Realität und unserer unvorstellbar unvorstellbaren Vorstellungen. Sexualität ist das Zusammenspiel von Körper und Geist. Deshalb halte ich Warnhinweise wie „Sexuelle Inhalte“, weil eine Brustwarze gezeigt wird oder überhaupt bloß Körper oder Körperteile gezeigt werden, für völlig absurd, denn darauf allein kommt es überhaupt nicht an.

Ich fand ihn sehr gut, einer besten Filme der letzten Zeit. Ästhetisch war mir das manchmal ein bisschen zu verzerrt, mit dem Fisheye- und Lochkamera-Effekt konnte ich nicht so viel anfangen. Ich kann mit solchen zu starken ästhetischen Effekten nicht viel anfangen und fand sie zu viel. Farben und Kostüme hätten mir gereicht.

Die Film spricht so viele Aspekte von Geschlecht, Sexualität, Lust, Beziehung, Ehe und Gesellschaft an, dass er von vorne bis hinten Spannung und Interesse aufrecht hält, was natürlich auch an seiner sehr guten Dramaturgie liegt. Hinterher hat man genug zum Nachdenken. So etwas liebe ich. Und Hanna Schygulla mitspielen zu lassen, ist ja fasst schon eine ähnliche Ansage wie Therese Giehse in Black Moon.

Emma Stone spielt großartig.

„I don’t really like going into an analytic conversation about what it means, what the themes are, what the characters are,“ the filmmaker said in a new interview with Variety. „I feel confident about the script. So that means it conveys a lot of things, I think, to intelligent people. So there’s no need to discuss it further.“

He added, „I actually think it’s dangerous to go too much into those conversations because things start becoming a little too one-dimensional. Like there’s only this aspect of this film, and this is what we’re thinking this is, what we’re trying to do. I try to make films more open than that.“

Yorgos Lanthimos

Exactly.

Tolle Musik auch und tolle letzte Worte: „It is all very interesting, what is happening.“

Weiterführende Literatur und Filme: Frankenstein, Angela Carter und natürlich die Buchvorlage selbst, die ich vielleicht mal lesen werde, hier besprochen in der New York Times. Aber auch Black Moon von Luis Malle und Margreth Atwood und natürlich Buñuel. Da gibt es eine ganze Menge zu entdecken, alles über Motive vernetzt.

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