Plastik ist verlässlicher als das Netz

Immer wenn ich meinen Töchtern etwas Wichtiges auf das Smartphone laden wollte, ging das nicht, weil das Smartphone ausschließlich für Privatzwecke reserviert ist: kein Platz (belegt mit Bildern und Videos) und begrenzte mobile Daten (weil ich die zahle), mit denen sie sorgfältig umgehen, die aber trotzdem in Nullkommanix verbraucht sind (weil Videos so viel verbrauchen). Die wichtigen Sachen (Geld, Ticktes, etc.) werden hinten zwischen Hülle und Smartphone gesteckt. Immer alles dabei, immer alles verfügbar.

Die Fahrkarten meiner Töchter sollten jetzt komplett umgestellt werden und nur noch im Smartphone über die App verfügbar sein (DB).

Apps loggen einen unter Umständen aus, so dass man im Falle des Vorzeigens sich einloggen muss, das heißt online sein. Praktisch also jederzeit und überall. In Deutschland, hahahaha, auf Zugstrecken, hahahahahahahaha. Das System ist schlichtweg unzuverlässig. Mir ging das jedenfall oft so mit meinem digitalen ÖPNV-Ticket, dass ich mich panisch während des Kontrollierens einloggen musste, um die Karte zu zeigen. Mit schön kompliziertem Passwort natürlich. Manchmal hatte ich kein Netz.

Das ist natürlich so ähnlich wie Oma, die die Geldscheine in der Matratze hortet, aber damit muss man leben. Plastikkarte ist verlässlicher und praktischer als App.

Ich habe die Abos meiner Töchter gekündigt, die über die Bahn liefen, und örtlich neu abonniert, weil der ÖPNV auf Wunsch Karten ausgibt.

Das ist für mich das Mindeste: auf Wunsch Karten ausgeben. Alles andere ist ignorant und überheblich.

Karten aus Marmor wären natürlich die ökologische Lösung.

Auf meiner letzten Bahnfahrt saß eine ältere Frau neben mir, die den QR-Code von ihrem ausgedruckten Ticket abfotografiert hat, damit sie das Papier nicht mitnehmen muss (ganz schön schlau, lokal gespeicherte Bilder sind auch viel verlässlicher), der dann groß und breit erklärt wurde, dass das nicht ginge und sie das Ticket in die App laden solle. Die Frau kam sich natürlich doof vor und entschuldigte sich für ihr Verhalten. Ich gebe zu, dass ich in dem Moment ihre Umständlichkeit auch unangenehm fand, weil ich selbst sozial unsicher bin. Mich verunsichern Kontrollsituationen.

Wenn wir technisch, digital funktionieren, fühlen wir uns sozial sicher.

Beim Bezahlen lässig und wortlos das Smartphone ans Gerät halten … Was? Das geht hier nicht?! Saftladen.

So geht das.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Random

  • Wir haben nur ein Gehirn, nicht drei

    Tja, das muss ich dann wohl aus meinem Wissensschatz als „leider falsch“ streichen. Nicht einmal spaßeshalber will ich mit dieser Metapher mehr umgehen (was ich bisher tat, wenn ich versucht habe zu beschreiben, was ich tue, wenn ich Tanzschritte lerne,…

  • Schreibe einen Liebesbrief an eine extrovertierte Schwedin vom Mars

    Meine liebe extrovertierte Schwedin vom Mars, ich kann nicht glauben, dass es schon so lange her ist, seit ich dir das letzte Mal geschrieben habe. Seitdem habe ich so viel an dich gedacht und ich wollte dir einfach sagen, wie…

  • Family Ties

    1984 habe ich Familienbande gesehen. Es war meine Lieblingsserie, Michael J. Fox war mein Vorbild. Ich habe auch zwei Schwestern, und sein Witz wurde mir zum Vorbild. Neben allem Zynismus, den Kämpfen und Gehässigkeiten, ist unten drunter doch eine ganze…

  • Rückwärts

    Anfang der 80er erzählte man sich, dass auf Stairway To Heaven eine Rückwärtsbotschaft versteckt sei. Ich fand das Thema sehr spannend, und mein experimentierfreudiges jugendliches Ich war begeistert. Erst versuchte ich, mit dem Finger die Platte rückwärts zu drehen, aber…

  • Ballet wtf

    Meine Domain war damals wohl gewählt, als ich mit Ballett anfing. Seit letzten Sommer nehme ich wieder Unterricht, erst im Studio, jetzt über Zoom. Letzten Samstag beim Tanzabend über Zoom mit anschließendem Nerd-Talk kamen wir auf Ballett zu sprechen, angefangen…

  • Alte digitale Kameras

    Ich war nie ein großer Freund digitaler Kompaktkameras, wie ich immer ganz genau Vorstellung davon hatte, wie ein Bild aussehen soll. Maßstab waren für mich immer analoge Bilder, was geradezu sinnlos und zwanghaft war. Mit der D700 hatte ich endlich…